Die Schwätzer und der Samurai

Einer der bedeutendsten lebenden deutschen Geisteswissenschaftler, der international renommierte protestantische Theologe Prof. Dr. Udo Schnelle, Spezialist für das Neue Testament, hat sich vor ein paar Tagen in einer Weise zu dem Themenkreis Kirche, Gesellschaft, Islam gemeldet, die inhaltlich sehr nahe bei meinen eigenen Äußerungen zu den deutschen ,Kirchenführern‘ in meinem letzten Blogeintrag liegt.

Der Text ist am 11. Juli von dem protestantischen Wochenmagazin idea Spektrum veröffentlicht worden. Es handelt sich nicht um ein Interview, sondern um einen kohärenten Text mit dem Titel „Die Kirche spielt mit ihrer Zukunft“. Er findet sich in der Julinummer des Magazins (S. 16 – 18); ich habe ihn mir für € 2,99 als ,E-Paper’ heruntergeladen. Auf der Internetseite idea.de findet sich eine gute Zusammenfassung in indirekter Rede, gratis.

Ich habe Schnelles ,Einleitung in die Neutestamentliche Exegese’ gelesen und benutze auch sein dickleibiges Werk ,Paulus. Leben und Denken’ (über 700 hochinformative Seiten). Daher wollte ich wissen, was ein Wissenschaftler dieses Argumentationsniveaus in die Monotonie des öffentlichen Diskurses ,einbringt‘, in dem sonst immer dieselben immer dasselbe sagen, schwafeln und schreiben.

In seinem Aufsatz attackiert Udo Schnelle Formen Bedford-Stro(h)mlinienförmiger Anbiederung an die Welt. „Die evangelischen Kirchen dienen sich häufig dem Zeitgeist an und nehmen die Bibel als Wort Gottes nicht mehr ernst.“ Besonders erhellend finde ich seine Aussagen zur Masseneinwanderung. Er wendet sich – theologisch, vor dem Hintergrund des Evangeliums – gegen die uns oktroyierte Hypermoral. Er selbst spricht von „einer Art Intensiv-Ethik“, die uns weismachen will, offene Grenzen plus Aufnahme wirklich aller seien ein Gebot der Christenpflicht.

Der Text ist unbedingt lesenswert, Schnelles Aussagen fahren wie ein Samuraischwert durch die ewig wiederholten Phrasen der Meinungshüter. (Der Vergleich mit dem Samuraischwert ist, das will ich einräumen, bei einem Kirchenmann vielleicht etwas zu martialisch …)