Eile, Urteile, Vorurteile.

Die Empörung über die Video-Kampagne ,Besondere Helden‘ ist noch nicht abgeebbt. Öde zuhause herumhängen, so belehren uns diese witzig-sein-sollenden Videos der Bundesregierung, das ist für Jugendliche in Corona-Zeiten das Gebot der Stunde. Mit den Attributen des Stumpfsinns: Chips&Cola.

Die Kampagne sorgt für mehrheitliche Ablehnung, für mehrere zehntausend gesenkte Daumen auf You-Tube. Verletzt, da verhöhnt, sind vor allem Menschen aus der realen Welt, nämlich solche verantwortungsvollen Eltern, die mit der Lethargie ihrer Sprösslinge zu ringen haben. Aber auch alle Jugendlichen, die aus der Quarantäne-Situation das Beste zu machen versuchen.

Da beginnt schon die nächste steuerfinanzierte Offensive. Sie richtet sich nicht primär an Jugendliche, sondern an alle.

Das „Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend“ (sic), BMFSFJ (auch die Abkürzung habe ich nicht erfunden) startet in diesen Tagen die Plakatkampagne „Vorsicht, Vorurteile!““Rassismus ist ein echtes Problem in Deutschland. Und fängt mit Vorurteilen an“.

Wie will „BMFSFJ“ auf so ,plakativ‘-pauschale Weise irgendwelchen tief verwurzelten Stereotypen zusetzen? Die, die am meisten ressentimentbeladen sind, dürften sich gerade nicht angesprochen fühlen, das ist natürlich auch den Urhebern dieser neuen Kampagne klar.

Die faktische Botschaft ist eine andere: Haltet Euch an unsere politisch korrekten Sprachregelungen, nämlich die der Sprachwächter(Innen), der ,Meinungswölfe‘ (Horst Lüning). OR ELSE.

Hört genau hin, überwacht den Sprachgebrauch der anderen (siehe das obige Foto: „Vorurteile sind nur kurz zu sehen“), und zwar bis aufs letzte Gendersternchen. Schreitet denunziatorisch ein.

Ein aktuelles Beispiel aus England. Erst vor ein paar Tagen musste Greg Clarke als ,chairman‘ der britischen Fußball-Assoziation zurücktreten, weil er von ,coloured footballers‘ gesprochen hatte.

Doppelte Ironie:

Er benutzte die Formulierung in einer Rede vor Parlamentariern, die die Diskriminierung dieser Fußballer geißelte.

Und: Er sagte, er sei aus seiner Tätigkeit in den USA an den Begriff ,people of colour‘ gewohnt, der dort Teil der ,diversity legislature‘ ist, er habe also statt des ,korrekten‘ ,of‘-Attributs versehentlich ein adjektivisches Attribut benutzt.

Natürlich half es ihm nicht.