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Christoph Wurm2024-11-08 22:31:422024-11-08 22:49:22Erneuter Nachdruck meines Französischbuchs!
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Christoph Wurm2024-10-17 17:59:542024-10-17 19:34:24Scham vor der Vergangenheit - A Tale of Two Cities
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Christoph Wurm2024-10-04 19:03:542024-10-04 19:07:58Einladung zu meinem Zoom-Vortrag am Mitwoch, dem 9. Oktober 2024
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Christoph Wurm2024-07-08 12:41:372024-07-11 03:01:22Exegese, Predigt und Katholiken - eine ernüchternde Bilanz
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Christoph Wurm2024-06-24 04:53:092024-06-26 22:26:54Toleranz - Akzeptanz - Arroganz
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Christoph Wurm2024-06-16 10:15:252024-06-20 19:08:46"Mit gelassener Selbstverständlichkeit" - Frank-Walter Steinmeiers ,WIR'
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Christoph Wurm2024-05-23 10:25:482024-05-23 10:36:47Wer war Euripides? - Fragen Sie doch einfach den nächstbesten Passanten!
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Christoph Wurm2024-05-21 07:47:472024-05-21 07:47:47PRO LINGVA LATINA
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Christoph Wurm2024-05-16 08:02:092024-05-20 10:41:40HINWEIS: Interview über den Pfingsttext der Apostelgeschichte
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Christoph Wurm2024-05-05 11:02:272024-05-05 11:03:12Angemessen sprechen
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Erneuter Nachdruck meines Französischbuchs!
Phrases-clés pour l’écrit et l’oral ist erneut nachgedruckt. Das Buch, das ich zusammen mit Valérie Deinert verfasst habe, ist eines der erfolgreichsten deutschen Französischbücher im deutschen Sprachraum. Es enthält die zentralen Vokabeln und Redewendungen für Textarbeit und Kommunikation, nach Kompetenzen geordnet und in besonders übersichtlicher Präsentation, und ist eine echte Kommunikationshilfe gerade in Situationen jenseits der Schule, etwa in Bewerbungsgesprächen oder in Präsentationen im Beruflichen. Mein Dank gilt Valérie und dem Klett-Verlag!![](https://christophwurm.de/wp-content/uploads/2020/08/Phrases-clés.jpg)
Scham vor der Vergangenheit – A Tale of Two Cities
Der Titel dieses Beitrages ist bewusst kryptisch, als clickbait gewählt. Es geht um folgendes: Bei Studien zu einem Aufsatz, den ich nächstes Jahr zu veröffentlichen gedenke, habe ich mich auch näher mit den Werken Michelangelos und, vor allem, Berninis beschäftigt. Einige Zeit später stieß ich durch Zufall auf ein Video (La statua a Napoli che fa polemica) der italienischen Youtuberin Hoara Borselli über eine aktuelle (Oktober 2024) Kontroverse aus Italien, und mir nötigte sich sofort die Assoziation zwischen beiden Themen auf. Worum geht’s?
Die Stadt Mailand gab vor einiger Zeit das geplante Aufstellen einer Bronzestatue auf, die eine Mutter zeigt, die ihrem Kind die Brust gibt. Zu massiv waren die Proteste, die üblichen ,Aufschreie‘, dagegen, dass hier die Frau auf ihre traditionelle Rolle reduziert werde etc., so wie man es auch in Deutschland erwarten würde; eine Behauptung, die auch durch die n-te Wiederholung logisch nicht stichhaltiger wird.
Wäre sie es, dann dürfte man nur in umfassenden Definitionen von Personengruppen sprechen. Jede Aussage über eine Teilmenge einer Personengruppe oder über eine einzelne Eigenschaft der Gesamtgruppe wäre abwertend. Wer etwa sagte: Einige Frauen sind – neben ihren anderen gesellschaftlichen (nicht genannten) Rollen – auch Mütter, würde die Frau immer noch ,reduzieren‘: auf die Teilmenge dieser Frauen, und diese Frauen auf ihre Rolle als Mütter.
Die Stadt Neapel hat nun für 200.000 Euro eine Statue errichten lassen, die stolze 12 Meter hoch ist, und Pulcinella, eine Figur des italienischen Volkstheaters, darstellen soll. (In Mailand handelte es sich übrigens um eine abgelehnte Donation.) Zahlreichen Beobachtern scheint die Statue aber weitaus mehr einem gigantischen Penis zu ähneln, von Pulcinella keine Spur (Schlagzeile: Ma Pulcinella dove sta?). Die für die Errichtung verantwortliche Dame, die curatrice, nahm es mit Gelassenheit: Wenn dem so sei, dann wäre die Statue doch ein idealer Beitrag zur Diskussion um die niedrige Geburtenrate, die denatalità, sie könne auf die Notwendigkeit des Zeugens hinweisen; von einer diskriminierenden ,Reduktion‘ des Mannes keine Rede.
Hoara Borselli macht nun diesen Gegensatz zwischen der abgewiesenen Statue in Milano und derjenigen, die in Napoli – man verzeihe das billige, aber verlockende Wortspiel: – erigiert wurde, zum Gegenstand eines sehenswerten Beitrages, einer Reflexion über Doppelmoral und über die Rollen von Mann und Frau.
Was hat das Thema nun mit Bernini zu tun? Nun, die Frage drängte sich mir auf, wie er, der begnadetste Bildhauer des Barock, der „dem Marmor Leben einhauchte“, wohl auf derlei Niederungen künstlerischer Gestaltung und künstlerischer Botschaft in unseren Tagen reagieren würde (die italienische Sprache böte ihm eine wahrlich reiche Skala an Ausdrücken) – und mich überkam einen Moment lang eine Anwandlung von Scham.
Einladung zu meinem Zoom-Vortrag am Mitwoch, dem 9. Oktober 2024
Am Mittwoch, dem 9. Oktober um 19 Uhr halte ich einen ca. halbstündigen Zoom-Vortrag im Rahmen der Reihe ,Blütenlese‘ des Deutsch-Rumänischen Vereins Gießen. Es geht um „Das Wunder Rumänisch – Eine Sprachgeschichte mit Hindernissen“. Über den untenstehenden Link haben alle Interessierten Zugang – und sind herzlich eingeladen!
Zoom-Link:
https://us02web.zoom.us/j/88398423030?pwd=v2RsOUGa79cK673tLQlxUoRoKXtSOV.1
Meeting-ID: 883 9842 3030
Kenncode: 098591
Exegese, Predigt und Katholiken – eine ernüchternde Bilanz
Ernüchternd ist es, in unseren Tagen als Philologe und Christ einen Blick zu werfen auf den Umgang deutscher Katholiken mit der Heiligen Schrift.
Natürlich wird an den Universitäten nach wie vor Exegese praktiziert, aber große Meister wie Josef Ratzinger, Klaus Berger, Karl Jaroš, Marius Reiser – sie sind nicht (mehr) repräsentativ für den Umgang mit der Heiligen Schrift in katholischen Kreisen. Weder im universitären noch im realen Leben, etwa in der sonntäglichen Predigt. Vorbei die Zeiten, als ein Josef Ratzinger mit seinem mehrbändigen Jesus-Werk, einem Bestseller, weit in Kirche und Gesellschaft hinausstrahlte.
Was katholische Predigten betrifft, so zeigen mir Gespräche, dass ich keineswegs allein stehe mit dem Eindruck, dass sie kaum jemals Neues, Präzises, Originelles zu biblischen Texten enthalten, dass „denen dazu nichts einfällt“.
Alle E-Mail-Rückmeldungen, Einladungen zu Vorträgen oder zu (zwei) Interviews, Rezensionen in theologischen Fachzeitschriften, die ich nach meiner eigenen Buch-Veröffentlichung über Lukas und die Apostelgeschichte erhalten habe, stammen von Protestantinnen und Protestanten, aus protestantischen Lesekreisen und Gemeinden,(1) und ich möchte hier nicht nur allen danken, sondern geloben, wie bisher jede Zuschrift zu beantworten.
Drei ganz unangenehme und verfehlte Formen des Predigt-Umgangs mit der Heiligen Schrift haben sich eingeschlichen.
Zum einen die kommentarlose Ignorierung der – häufig langen und schwierigen – Lesungen aus dem Alten Testament, die kurz zuvor im Gottesdienst vorgetragen wurden wie eine Pflichtübung.
Zweitens, das Gegenteil: das paraphrasierende Plattwalzen von Texten, die bereits aus sich selbst heraus ALLES sagen, und zwar unnachahmlich pointiert. Paradebeispiele sind die Geschichte vom Samariter und die vom Gang nach Emmaus. Da wäre es besser, nach der Verlesung des Evangeliums zwei Minuten der Stille verstreichen zu lassen und sich dann an die Gemeinde zu wenden mit den Worten: „Liebe Gemeindemitglieder, Sie haben es gehört. NICHTS gilt es, hinzuzufügen. Lassen Sie uns Fürbitte halten.“ (Stattdessen das Übliche: „Stellen wir uns vor: Da sind zwei Jünger auf dem Weg nach Emmaus. Sie sprechen über …“).
Drittens: das gebetsmühlenartigen Wiederholen bestimmter spezifischer Formulierungen und zum Teil fragwürdiger Übersetzungs-Wendungen, ohne den Versuch der Problematisierung und Klärung.
Was heißt denn „Gott schaut NICHT auf die ,Person'“? Der Philosoph Robert Spaemann hat dazu geschrieben: Gott schaut GERADE auf die Person, NUR auf die Person! Was heißt „Sie erkannten ihn am Brotbrechen“? Was exakt war denn da der Grund für dieses Erkennen? Handelte es sich bei diesem Brotbrechen um ein übliches Mahl oder um die Eucharistie? Oder: Wieso kommt da eigentlich einer auf die Idee, „drei HÜTTEN“ zu bauen (statt zum Beispiel ein gemeinsames Zelt zu errichten)? Oder: Steht er im Original wirklich da, dieser trivial-prosaische Beginn der Weihnachtsgeschichte mit dem Hinweis ausgerechnet auf … die Steuererklärung? Auf „die Bewohner des römischen Reiches“, die sich „in Steuerlisten einzutragen“ hatten? Ein feinsinniger Stilist, der Evangelist Lukas, soll derartig danebengegriffen haben, an einer so wichtigen Stelle?
Von derlei ist nie die Rede, es bleibt ungeklärt, da gar nicht als Problem erkannt, und da liegt der Grund, dass dieser graue Predigtbrei auch keine oder nur geringe Spuren im Gedächtnis hinterlässt. Natürlich ist alles Dozieren über irgendwelche philologische Spitzfindeleien in der Predigt zu meiden, aber es hat sich eine Unkultur des ANDEREN Extrems breitgemacht. Ein joviales Über-den-Text-hinweg-Predigen und, als Resultat, eine erstarrte, bloße Hinnahme des Textes auf der Seite der Zuhörer.
Und: Dieselben Prediger, denen dazu wenig einfällt, sind oft Zeitgeist-Surfer. Dann wandeln sie sich, wenn es nottut, in wundersamer Weise mit einem Schlag in die größten Bibel-Spezialisten. Alle widerborstigen Passagen aus der Heiligen Schrift, so unterweisen sie uns im Brustton der Überzeugung, seien „zeitbedingt“ (=also obsolet) und könnten getrost beiseitegebürstet werden.
Von Fällen des Totalabsturzes dieses Prediger-Typus, hoch von der Kanzel tief hinab in den Blödsinn (à la „Gott ist gegen GRENZEN“, „Gott ist für VIELFALT“, „Vor allem EINS müssen wir Christen sein: TOLERANT!“) soll hier nichts Weiteres gesagt werden.
Genug; zwei Vergleiche, die nachdenklich stimmen könnten. Food for thought, wie die Engländer sagen.
Ein Schweizer des XVI. Jahrhunderts, Thomas Platter aus Basel, war Seiler. Er brachte sich nachts, beseelt von den Idealen der Reformation, im Eigenstudium Griechisch, Latein und Hebräisch bei, setzte unermüdlich seine Studien fort, vor und nach einem harten Arbeitstag, um dann seine Kenntnisse an andere leidenschaftlich am Wort Gottes Interessierte weiterzugeben. Ein Arbeiter aus dem Wallis „mit schwieligen, oft von der Arbeit blutigen Händen“, wie wir in Lucien Febvres Renaissance-Buch Der neugierige Blick lesen.
Eine französischen Ordensschwester, Sœur Jeanne d’Arc, o. p., J., hat eine kommentierte Übersetzung der vier Evangelien vorgelegt, Les Évangiles. Les quatre. Paris 2011 (1992). Der Kommentar ist in höchstem Maße informativ, man kann dort tausend Entdeckungen machen, originelle, teils überraschende Erläuterungen, Feinheiten und Präzisierungen zu allen möglichen Versen. Und nicht einer von solchen Farbtupfern kam je in meiner Gegenwart in einer Sonntagspredigt vor.
Hier ist, was die Autorin zu Matthäus 5,13 mitteilt, zu dem Vers „Ihr seid das Salz der Erde.“ Sie übersetzt: „Vous, vous êtes le sel de la terre. Sie fährt fort: „Si le sel devient fou, avec quoi le saler?“ Fou (=töricht), nicht „si le sel devient fade“. Sie erläutert, dass in der Sprache Jesu, im Aramäischen, für „schal/fade werden“ und „töricht werden“ dasselbe Verb verwendet wird, genau wie im Griechischen (μωραίνoμαι).
Bei Markus (9,50) wird das Salz an-halos (ἄναλος), also zu etwas, was gar kein Salz mehr ist. Matthäus dagegen wählt das doppeldeutige Verb μωραίνoμαι. Er will den Doppelsinn, um sowohl auf Salz (sel) also auch auf Weisheit (sagesse) anzuspielen.
Festzuhalten bleibt: Da, wo das Wort Gottes nicht zugleich akkurat, lebendig und in seiner kräftigen Würze weitergegeben wird, da breiten sich Fadheit und Dumpfsinn aus.
(1) Diese Aussage umfasst nicht die Rezension des Philologen Fabian Weimer in FORVM CLASSICVM und die Video-Rezension der katholischen Theologin Frau Dr. Margarete Strauss auf You-Tube.
© 2024 Christoph Wurm
Toleranz – Akzeptanz – Arroganz
Der Star unter den Begriffen, die in den letzten Jahren Karriere gemacht haben, ist: TOLERANZ. Überall in den Mainstream-Medien und in allen, wirklich allen, Politikerreden ist TOLERANZ präsent. Eröffnet der Bürgermeister einer niederrheinischen Kleinstadt eine neue Tiefgarage, dann hat allerspätestens im fünften Satz das magische Wort zu fallen, und genauso verhält es sich mit den bleiernen Ansprachen des hölzernen F.-W. Steinmeier.
Seit einiger Zeit jedoch macht ein anderes lateinisches Wort der TOLERANZ Konkurrenz: AKZEPTANZ. Um diesen Trend zu verstehen, lohnt es sich, einen Blick auf die beiden Wortpaare werfen: tolerieren – Toleranz – akzeptieren – Akzeptanz.
Das lateinische Verb tolerare kommt von tollere, heben, schultern. Tolerare bedeutet ursprünglich: eine Bürde schultern; ertragen, was einem widerstrebt.
Im Deutschen wie auch in anderen europäischen Sprachen ist diese Bedeutung abgeflacht: Man nimmt irgendetwas hin, ohne dagegen vorzugehen. Der Larousse Classique führt den Beispielsatz an: „Dans la vie sociale, la vertu la plus utile est la tolérance.“ Nützlich ist es also, tolerant zu sein, es erspart einem im Alltag Reibereien. Im Deutschen gehört zu dieser Bedeutung des Verbs tolerieren das Substantiv Tolerierung, das in ganz allgemeinem Sinn die Hinnahme von irgendetwas (=anything) bezeichnet.
Im Hinblick auf den STAAT wird seit der Aufklärung das Substantiv Toleranz verwendet, und zwar in einer spezifischen Bedeutung. Es bezeichnet die staatliche Neutralität gegenüber unterschiedlichen Religionen, „la disposition à laisser à chacun la liberté de pratiquer la religion qu’il professe.“
Diese Wortbedeutung ist im Deutschen der Ausgangspunkt gewesen für die Erweiterung des Begriffs Toleranz auf die Hinnahme – außerhalb des staatlichen Bereichs, durch die einzelnen Bürger nämlich – von fremden Lebensstilen, Formen der Sexualität oder religiösen Überzeugungen
So weit, so gut; als Staatsbürger eines zivilisierten Gemeinwesens sollte all das selbstverständlich sein. Toleranz ist ein anderes Wort für Nichts-Tun! Wir sind ja sogar gesetzlich – mit Recht – zur friedlichen Hinnahme alles Friedlichen verpflichtet. Tolerieren und Toleranz – das ist ein nüchtern-deskriptives Wortpaar, denn Leidenschaft, Kontroverse, Polemik entstehen ja erst, wenn Diskussionspartner hinausgehen über das bloße Zulassen der abweichenden Meinung, sie korrigieren oder ganz widerlegen wollen.
Woher also diese Omnipräsenz des Wortes Toleranz, woher die Inbrunst, mit der da gepredigt wird? Woher die flammenden Appelle? Dieser farblos-unemotionale (NICHT: triviale) Wortsinn dürfte es jedenfalls nicht sein. Soll uns hier etwas anderes – im wahrsten Sinne des Wortes unter-geJUBELT werden?
Werfen wir einen Blick auf das zweite Wortpaar: akzeptieren und Akzeptanz. Hier ist nicht die HIN-Nahme gemeint, sondern etwas grundlegend anderes: die AN-Nahme. Und da liegt der Hase im Pfeffer. Kein Wunder, dass statt von Toleranz zunehmend von AKZEPTANZ die Rede ist, dass die beiden Begriffe fälschlicherweise als Synonyme verwendet werden. Die ewigen Aufforderungen zur Toleranz haben nämlich realiter ein anderes Ziel. Nicht bloß hinnehmen sollen wir, sondern gutheißen. Und genau deshalb, nachdem einmal diese Umdeutung des Toleranz-Begriffs geschluckt ist, wird zunehmend Klartext gesprochen und nicht mehr Toleranz, sondern Akzeptanz gefordert.
Das Internet trieft inzwischen von Formeln wie „Vielfalt und Akzeptanz“, wo ich „Vielfalt und Toleranz“ erwartet hätte. Überall werden „Zeichen für Akzeptanz“ „gesetzt“. Im Mai 2024, so lesen wir mit einer gewissen Verwunderung, sah sich selbst der deutsche Alpenverein dazu berufen, einen „Appell für Offenheit, Vielfalt und Akzeptanz“ loszulassen!
Es stellt sich ein syntaktisches und semantisches Problem. Was ist es denn, was wir da ,akzeptieren‘ sollen? Strenggenommen ist sie BLÖDSINN, diese uneingeschränkte Forderung nach mehr ,Akzeptanz‘, ohne präzisierendes Genitiv-Attribut. Denn sie impliziert ja das Gutheißen aller beliebigen Dinge, also etwas, was nach den Grundprinzipien der Logik unmöglich, da in sich widersprüchlich ist.
Wer in den letzten Jahren Reduktion, Umdeutung, Vereinheitlichung von Sprache im öffentlichen Raum verfolgt hat, der findet unschwer des Rätsels Lösung: Wir sollen das gutheißen, was die Herrschenden, in den Medien und im Politiker-Sprech, jeweils in die Leerstelle einsetzen und uns zu ,akzeptieren‘ vorschreiben wollen.
Und wehe dem, der sich nicht ins Boot zerren lassen will. Von A wie Ausstieg aus der Kernenergie über G wie Gendern bis zu Z wie Zuwanderung.
„Mit gelassener Selbstverständlichkeit“ – Frank-Walter Steinmeiers ,WIR‘
Der Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat im Frühjahr dieses Jahres ein Buch mit dem Titel ,Wir‘ vorgelegt, das ich bestellt und gelesen habe, denn ich finde es anerkennenswert, dass er sich in kohärenter Form zu Deutschland äußert. Er legt seine Bestandsaufnahme zum Deutschland des Jahres 2024 und seine Zukunftsvision für das Land vor.
Man darf davon ausgehen, dass seine Ausführungen repräsentativ sind für das Deutschlandkonzept des politischen Mainstreams, denn er ist ja zweimal, 2017 und 2022, mit breiter Unterstützung, auch durch die CDU, ins Amt gewählt worden. Irgendwelche Rezensionen oder Kommentare zu diesem Buch habe ich absichtlich nicht gelesen. Ich habe sie gemieden, um mir selbst einen Eindruck zu verschaffen.
Vier Teile umfasst das 142-seitige Buch: Die Einleitung („Die Möglichkeit, wir zu sagen“) sowie die drei Kapitel „Wo wir stehen“, „Woher wir kommen“, „Wer wir sind – und sein können“.
Schnell macht Steinmeier klar: Dieses ,WIR‘ meint nicht etwa ein spezifisch deutsches Nationalgefühl, verbunden mit dem Stolz auf die Errungenschaften deutscher Kultur. Deutschland ist eine Fläche; jeder, der kommt und den deutschen Pass erhält, ist Deutscher. Insofern ist auch nicht wirklich von Integration die Rede: Zuwanderung ist ein Vorgang der Addition. Jetzt leben n Einwohner hier, wer dazukommt, ist n plus 1. Die Deutschen des Jahres 2024 sind eine Ansammlung von Menschen „aus allen Himmelsrichtungen“ (S.137), völlig unterschiedlich nach „Ethnie, Religion und Kultur“ (ebd.). Deutsche Tradition und Geschichte kann ihnen daher gestohlen bleiben – mit einer einzigen Ausnahme: Nazizeit/Weltkrieg/Holocaust.
Der kleinste gemeinsame Nenner, die Respektierung der gesetzlichen Regelungen, hat daher an die Stelle von Patriotismus zu treten: die Zustimmung „zu den Regeln, die wir uns in demokratischen Verfahren geben und die allen die gleichen Bedingungen zur freien Entfaltung garantieren. Aus diesem Bewusstsein kann eine neue Art von demokratischem Patriotismus entstehen.“ (S. 137).
Im zweiten Kapitel zeichnet der Verfasser ein negatives Bild der neueren deutschen Geschichte. Auffällig: Steinmeiers Porträt des Kaiserreichs als einer Epoche völliger Finsternis – jener Epoche immerhin, als Deutschland, hochgeachtet in der ganzen Welt, weltführend in allen Wissenschaften war, Modell in Sachen Sozialgesetzgebung und Gesundheitsfürsorge.
Vor die düstere historische Kulisse stellt er die zeitlich schmale Folie des Positiven: Gründung der BRD, westdeutsche Demokratie, Ostpolitik Willy Brandts, Wende 1989. Aber auch im Rahmen dieser Bilanz weist er immer wieder auf Gewalttaten hin – ausschließlich auf solche begangen AN Muslims, nicht von ihnen.
Die Probleme, mit denen sich Deutschland in den letzten Jahren konfrontiert sieht, sind nach Steinmeier entweder Sachzwänge von außen (Klimawandel, Migration, Corona, Putins Krieg in der Ukraine, S. 27ff.) oder – sie existieren für ihn gar nicht. Wer etwa einen argumentativen Beitrag zu der Frage erwartet, inwiefern die Staats-Religion per definitionem Islam wirklich in eine westliche Demokratie integrierbar ist, sieht sich enttäuscht. Fehlanzeige auch im Hinblick auf Selbstkritisches zur Russland-Politik der Regierung Merkel, der er ja angehörte – und zwar als Außenminister!
Zufrieden bemerkt Steinmeier, der Ausstieg aus der friedlichen Nutzung der Kernenergie habe endlich die „harten Polizeieinsätze“ (S.87f.) gegen Demonstranten, einen „schweren Konflikt“ in der Gesellschaft überwunden. Dass der Ausstieg ein internationaler Alleingang war, der im Ausland allenthalben Kopfschütteln hervorrief und auch in Deutschland ― außerhalb dieses Buches, im Realen ― umstritten bleibt, lässt er unerwähnt. Auch in die Hymne auf Angela Merkel und ihren Regierungsstil „gelassener Selbstverständlichkeit“ (S.86) wird nicht jeder ohne Weiteres einstimmen.
Stilistisch ist das Buch glanzlos: gehalten in der inzwischen allgegenwärtigen öffentlich-rechtlich-zertifiziert-politisch-korrekten Standard-Diktion. Selbstverständlich fehlt jedwede Form von (Selbst-)Ironie und Humor, wie üblich scheppern bleierne Dopplungen à la „Bürgerinnen und Bürger“, „Managerinnen und Manager“ über die Seiten. Manche Begriffe sind mehr oder weniger subtil im Sinne der herrschenden Agenda umgedeutet, zum Beispiel „rechts“=rechtsextrem (S.41), die EU=,Europa‘.
Das Steinmeiersche WIR ist einfach zu definieren: Jeder, der die rot-grüne Dogmatik teilt. Wer diese Definition unterschreibt, wird, wenn Formen „politisch korrekter“ Knebelung der Meinungsfreiheit auf Kritik stoßen, entrüstet dagegenhalten: Was? Wie bitte? Bei UNS herrscht doch lupenreine Meinungsfreiheit: alle, wirklich alle, können sagen, was ihnen in den Sinn kommt!
Es fehlt irgendein substanzielles Dialogangebot an die Zahlreichen, die Zahlreiches kritisch sehen: etwa die mit der Brechstange dirigistisch durchgesetzte Energiewende und Ent-Industrialisierung, die unkontrollierte Massenimmigration mit dem dadurch verursachten massiven Niedergang der Sicherheit, die Nicht-Abschiebung von Messerstechern und potentiellen Gewalttätern, die Auswüchse der Bürokratenherrschaft der EU. Auf derlei geht er nicht näher ein. Ein paar globale Formulierungen, und dabei bleibt’s. Was Steinmeier etwa mit „bestmöglicher Steuerung“ der Migration“ (S. 35) meint, bleibt sein Geheimnis. In diesem Sinne: „Unsere Aufgabe ist es, Brücken in die Zukunft zu bauen, die so breit und stark sind, dass möglichst alle über sie gehen können.“ (S. 129).
Eine unmissverständliche Ansage hat Steinmeier allerdings parat für diejenigen, die die rot-grüne Standard-Agenda nicht teilen: WIR, so postuliert er, brauchen eine „durchgriffsschärfere Regulierung der sozialen Medien“ (S. 45).
Bemerkenswert ist nicht nur die Forderung nach ,Regulierung‘ von Freiheit. Sondern da ist auch dieses Adjektiv: ,durchgriffsscharf‘, und zwar im Komparativ. Es war mir unbekannt. Und: Es fiel mir als Philologen auch deshalb auf, weil es auf einmal jäh, kalkuliert bedrohlich hervorsticht aus Steinmeiers fadem Stilbrei.
Auf Kirchen- und Katholikentagen schreitet die herrschende rot-grüne Dogmatik, gütig lächelnd, im liturgischen Gewand daher. Hier wird sie präsidial verkündet, gewissermaßen ex cathedra.
Frank-Walter Steinmeier, Wir, Berlin (Suhrkamp) 2024, 142 S.
Wer war Euripides? – Fragen Sie doch einfach den nächstbesten Passanten!
Antonio Rodríguez Osuna, der Bürgermeister von Mérida in der spanischen Region Extremadura, einer Stadt, in der jedes Jahr ein Festival klassischen Theater stattfindet, hatte Bemerkenswertes über die Bildung der Einwohner zu berichten, und zwar vor ein paar Tagen im Interview mit der Lissabonner Zeitung Diário de Notícias:
Mérida tem uma característica muito especial, pois os seus habitantes estão muito familiarizados com os autores greco-latinos. Foram tantos anos a ver Medeia e outras peças, assistindo às suas representações, que, se lhes perguntar na rua quem foi Eurípides, quem foi Sófocles ou no que consiste Medeia, muitos saberão. São já 70 edições do Festival de Teatro Clássico, com um intervalo por causa das guerras. Há muita gente na cidade que participou nas peças de teatro como figurante ou no coro. Os emeritenses estão muito, muito envolvidos com o Festival.
„Mérida hat etwas ganz Besonderes: Seine Einwohner sind wohlvertraut mit den griechischen und römischen Autoren. Sie haben dadurch, dass sie zu den Aufführungen gegangen sind, so viele Jahre schon Medea und andere derartige Stücke gesehen, dass Sie Passanten auf der Straße fragen können, wer Euripides war oder Sophokles, oder worum es in Medea geht, und viele es wissen werden. Das Festival des klassischen Theaters findet schon zum 70. Mal statt, es gab nur ein Intervall aufgrund der Kriege [Spanischer Bürgerkrieg und Zweiter Weltkrieg]. Es gibt viele in der Stadt, die bei den Theaterstücken als Statisten oder im Chor mitgemacht haben. Die Einwohner von Mérida sind sehr eng mit dem Festival verbunden.“
PRO LINGVA LATINA
Das Jubiläumsheft von Pro Lingua Latina ist erschienen, Nr. 25. Herzliche Glückwünsche an den Herausgeber, den trefflichen Dr. Hermann Krüssel, der mit Recht in seiner Nota Editoris schreibt: „Die Welt der lateinischen Sprache und Literatur bietet eine unermessliche Fülle an Themen.“
Ich habe zu diesem – besonders vielseitigen – fünfundzwanzigsten Heft drei Artikel beigesteuert: „Skandal um Ovid“, „Pugno, pugnas, pugnat“ und „Stimmen und Steine“, die vom Herausgeber hervorragend optisch aufbereitet und mit Illustrationen versehen wurden.
HINWEIS: Interview über den Pfingsttext der Apostelgeschichte
Ab dem Pfingstsonntag, 19. Mai 2024, wird ein ungefähr 45-minütiges Audio-Interview für den Podcast Begründet Glauben verfügbar sein, das Leonie Schweizer mit mir aufgezeichnet hat, über iTunes und über die Homepage Begründet Glauben. Thema ist das zweite Kapitel der Apostelgeschichte.
Angemessen sprechen
Platon, Phaidon, 115e:
εὖ γὰρ ἴσθι, ἦ δ᾽ ὅς, ὦ ἄριστε Κρίτων, τὸ μὴ καλῶς λέγειν οὐ μόνον εἰς αὐτὸ τοῦτο πλημμελές, ἀλλὰ καὶ κακόν τι ἐμποιεῖ ταῖς ψυχαῖς.
„Sei dir genau darüber im Klaren, bester Kriton: Nicht exakt sprechen ist nicht nur in sich selbst verfehlt, sondern tut auch den Seelen etwas Böses an.“