Kühles Blondes, Graue Zellen
„Wer Bier trinkt, lebt 100 Jahre“ – so wenigstens will es ein legendärer italienischer Werbeslogan: „Chi beve birra, campa cent’ anni.“ Jeder, der gerne Bier trinkt, wird dieser Botschaft gerne lauschen. Das italienische Wissenschaftsmagazin Focus, das stets anregend Naturwissenschaften und Technik behandelt – Entwarnung: es hat nichts mit Merkels Hochglanzbroschüre desselben Namens zu tun – hat diesen Slogan nun abgewandelt.
„Wer eine Sprache lernt, lebt 100 Jahre“ – „Chi impara una lingua … campa cent’anni“ – ist der Titel eines Artikels von Daniela Cipolloni, der im Septemberheft 2017 (S. 66 – 70) erschien. Er behandelt, sorgfältig dokumentiert, die segensreichen Wirkungen des Fremdsprachenwerwerbs.
Neue Untersuchungen haben gezeigt, dass nichts so hilfreich für die Wahrung und Verbesserung der Gehirnleistung eines Menschen ist wie das Fremdsprachenlernen. Vorbei die Zeit, als man der Vorstellung anhing, nur Kinder oder Jugendliche seien dazu befähigt. Längst ist erwiesen: Man kann auch im Alter Sprachen lernen.
So wie man einen Muskel trainieren kann, so kann man auch sein Gehirn üben und elastisch halten. (S. 68): „Come per fare massa muscolare, conta l’allenamento“ [Genauso wie wenn man Muskelmasse schaffen will, kommt es auf das Training an.] Es entwickelt sich, wie aktuelle italienisch-chinesische Forschungen belegen, „più materia grigia“, mehr Gehirnmasse. Es entstehen „più neuroni, più interconnessi fra loro“: mehr Neuronen und mehr Verbindungen zwischen ihnen (S. 68). So berichtet Jubi Abutalebi, Neuropsychologe und Direktor des Zentrums für Neurolinguistik der Università Vita-Salute San Raffaele in Mailand, das mit der Universität Hongkong zusammen forscht.
Für jede Altersgruppe ist der Fremdsprachenerwerb die beste Gehirnschulung. Die Konzentrationsfähigkeit verbessert sich, alle kognitiven Fähigkeiten profitieren; es gibt keine Medikament, das dieselben positiven Wirkungen hätte. Der Spracherwerb kann einen Beitrag zur Demenzprävention und zur vollen Wiederherstellung der geistigen Fähigkeiten nach einem Schlaganfall liefern.
„Se il sistema sanitario finanziasse corsi di lingua per la terza età, potrebbe risparmiare centinaia di milioni di euro all’anno nella prevenzione delle demenze e dei loro costi socio-sanitari.“ (S. 68): „Wenn das Gesundheitssystem Sprachkurse für Senioren finanzierte, dann könnte es hunderte Millionen Euro pro Jahr einsparen – in der Prävention von Demenzerkrankungen sowie ihrer gesellschaftlichen und gesundheitlichen Kosten.“